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Ich liebe Schnee ohne Ende

Liebe Leserinnen, liebe Leser

Tja, Ihr Lieben, es begab sich zu einer Zeit, als ich körperlich noch fit bzw. gesundheitlich noch nicht so angeschlagen war, wie seit nunmehr sechs Jahren. Und vor allem zu einer Zeit, wo ich das Träumen noch nicht völlig verlernt hatte.

Als ich an einem ganz bestimmten Morgen Anfang des Jahres 2016 aufwachte, war mir nach dem Aufstehen bewusst, was ich in der Nacht geträumt hatte. Das kam sehr selten vor und daher schrieb ich es dann auch sogleich auf.

Es ist der 6. Dezember, also der Nikolaustag, als es um 16:29 Uhr angefangen hat zu schneien. Juchhu, endlich der erste Schnee in diesem Jahr. Meine Frau und ich haben uns zur Feier des Tages Glühwein mit etwas Schuss  gegönnt. Stundenlang  haben wir im Wintergarten gesessen und zugesehen wie riesige, weiße Flocken vom Himmel heruntergeschwebt sind.

Ganz ehrlich: Es sah so romantisch aus wie in einem Märchen und wir fühlten uns wie gerade frisch verheiratet. Ich liebe Schnee ohne Ende.

Als wir am 9. Dezember wach wurden, hatte eine wunderschöne Decke aus weißem Schnee jeden Zentimeter der Landschaft zugedeckt. Es war ein nahezu unbeschreiblich schöner Anblick! Man kann mit Fug und Recht sagen: einfach fantastisch.

Ich fragte mich, ob es einen schöneren Platz auf der Welt geben könnte? Jedoch die Antwort war ganz klar: nein! Genau hierherzuziehen war die beste Idee, die ich je in meinem Leben gehabt habe, davon bin ich felsenfest überzeugt! Wie gesagt: Ich liebe Schnee ohne Ende!

Schnee schiebenHeute habe ich dann zum ersten Mal seit Jahren wieder Schnee geschaufelt und fühlte mich wieder wie ein kleiner Junge. Mit Schwung und voller Elan habe ich die Einfahrt und den Bürgersteig freigeschaufelt.

Am frühen Nachmittag kam dann der Schneepflug von der Straßenmeisterei vorbei gedonnert. Schwupp, im Nu waren der Bürgersteig und die Einfahrt wieder zugeschoben. Folglich holte ich die Schaufel wieder raus, legte los und dachte so bei mir, was ich doch für ein wundervolles Leben habe!

Am 12. Dezember hat die Sonne unseren ganzen schönen Schnee geschmolzen. Und das, wo ich doch Schnee liebe ohne Ende!

Ich kann kaum beschreiben, was für eine Enttäuschung das für mich war. Mein Nachbar beruhigte mich jedoch sehr schnell wieder. Er versicherte mir, dass ich mir keine Sorgen machen brauche, denn laut der Wetterfrösche werden wir definitiv eine weiße Weihnacht haben.

Kein Schnee zu Weihnachten wäre nicht nur schrecklich, sondern alleine der Gedanke daran, war für mich ein reinrassiges Desaster!

Mein Nachbar sagte, dass wir bis zum Jahresende so viel Schnee haben werden, dass ich nie wieder Schnee sehen will. Ich glaube absolut nicht, dass so etwas möglich ist. Er ist ein sehr netter Mensch und ich bin wirklich froh, dass er unser Nachbar ist.

Zwar in dieser Dimension nicht vorhergesagt, gab es jedoch am 14. Dezember endlich wieder Schnee, ganz wundervollen Schnee! Satte 24 cm alleine in der Nacht. Die Temperatur war auf -12 Grad gesunken und die herrliche Kälte lässt alles glitzern.

Ganz ehrlich, der eisige Wind nahm mir beinahe den Atem, aber ich habe mich beim Schaufeln aufgewärmt. Juchhu, wie wundervoll ist doch das Leben und erst recht der Schnee!

SchneepflugAls ich nachmittags aus dem Fenster geschaut habe, traf mich beinahe der Schlag. Der Schneepflug war wohl wieder da gewesen und hatte erneut alles zugeschoben. Mir war nicht klar, dass ich soviel würde schaufeln müssen, aber so komme ich wenigstens körperlich wieder gut in Form. Allerdings würde ich mir wünschen, dass ich nicht so Pusten und Schnaufen muss.

Für den 15. Dezember lautet die Vorhersage: 35 cm.

Meinen Kombi habe ich heute Morgen noch schnell im Internet vertickt und einen Jeep gekauft. Und natürlich neue Winterreifen für den Golf meiner Frau. Danach war ich im Baumarkt und habe sicherheitshalber noch zwei Schneeschieber geholt. Zu guter Letzt habe ich den Kühlschrank aufgefüllt. Meine Frau will nun unbedingt einen Holzofen haben, falls der Strom ausfallen sollt. Ganz ehrlich: ich finde, das ist lächerlich, denn wir sind doch nicht in Alaska.

Am Morgen des 16. Dezember fegt ein gigantischer Eissturm durch die Stadt. Ich bin wenig spektakulär in der Einfahrt auf den Arsch gefallen, als ich Salz streuen wollte. Alter Schwede, tut das  höllisch weh. Meine Frau hat eine halbe Stunde gelacht, was ich ziemlich grausam finde!

Weiterhin noch weit unter null startet der 17. Dezember! Die Straßen sind zu vereist, um irgendwohin zu kommen. Der Strom war 5 Stunden weg. Kaum zu glauben, aber wahr: ich musste mich in mehrere Decken einwickeln, um nicht zu erfrieren.

Aufgrund des Stromausfalles gab es kein Fernsehen. Letzten Endes gab es nichts anderes zu tun, als meine Frau anzustarren und zu versuchen, sie zu irritieren. Mittlerweile denke ich auch, dass wir einen Holzofen hätten kaufen sollen. Tja, ich würde das aber nie zugeben, denn ich hasse es förmlich, wenn sie recht hat! Andererseits hasse ich es aber auch in meinem eigenen Wohnzimmer zu erfrieren!

Der Strom ist toi toi toi am 20. Dezember wieder da. Aber nicht nur der, sondern nochmal 40 cm von dem verdammten Schnee letzte Nacht!

Das bedeutete noch mehr schaufeln, was den ganzen Tag gedauert hat!

Der beschissene Schneepflug kam heute zweimal vorbei. Mit Engelszungen habe ich versucht eines der Nachbarskinder zum Schaufeln zu überreden. Aber die sagen, sie hätten keine Zeit, weil sie Eishockey spielen müssen.

Ich glaube ja, dass die lügen. Dann wollte ich eine Schneefräse im Baumarkt kaufen, aber die hatten keine mehr. Der Verkäufer meinte, sie bekämen erst im März wieder welche rein.

Ich glaube, dass der auch lügt. Mein lieber Herr Nachbar sagt, dass ich unbedingt schaufeln muss, denn sonst macht es die Stadt und schickt mir dann eine saftige Rechnung. Ich glaube, dass mein Nachbar auch lügt.

Der hatte übrigens wohl recht von wegen weißer Weihnacht, denn am 22. Dezember nachts sind nochmals satte 30 cm von dem weißen Zeug gefallen.

Es ist dermaßen kalt, dass es geschätzt bis August nicht schmelzen wird. 45 Minuten hat es alleine gedauert, bis ich fertig angezogen war zum Schaufeln. Dann musste ich verflixt nochmal pullern. Als ich mich ausgezogen, gepullert und wieder angezogen hatte, war ich zu k.o. um noch zu Schaufeln.

Für den Rest des Winters habe ich versucht meinen Nachbarn anzuheuern. Er hat eine Schneefräse an seinem Lastwagen montiert, aber er sagt, dass er zu viel zu tun hat. Ich glaube, dass diese Popovioline lügt.

Zu Heiligabend fielen weitere 20 Zentimeter! Ich liebe Schnee ohne Ende!

Zu meinem blanken Entsetzen hat dieser verdammte Schneepflug den Schnee so fest zusammengeschoben, dass ich die Schaufel abgebrochen habe!

Um ehrlich zu sein, stand ich kurz vor einem Herzanfall. Falls ich jemals die Popovioline kriege, die den Schneepflug fährt, ziehe ich ihn am Unterteil von seinen Bömmelmann kreuz und quer durch den Schnee.

Ich weiß ganz genau, dass er sich an der nächsten Straßenecke versteckt und wartet bis ich mit dem Schaufeln fertig bin. Schwupp, dann kommt er mit 50 km/h die Straße runtergebrettert und wirft tonnenweise Schnee auf die Stelle, wo ich gerade geschaufelt habe.

Der absolute Hammer kam dann am späten Abend…und wie! Meine holde Gattin wollte mit mir Weihnachtslieder singen und Geschenke auspacken, aber ich hatte doch nun mal gar keine Zeit! Meine Aufgabe war es nach dem Schneepflug Ausschau zu halten, denn da war ja noch was!

Apropos frohe Weihnachten: weitere 60 Zentimeter am 25. Dezember. Wir sind komplett eingeschneit. Bereits der bloße Gedanke an Schnee schaufeln, lässt mein Blut überkochen.

Verdammt nochmal: Ich hasse Schnee!

Zu allem Überfluss kam dann doch tatsächlich der Fahrer von dem verdammten Schneepflug vorbei und fragte nach einer Spende! Könnt Ihr Euch das vorstellen, ausgerechnet diese Popovioline!

Kurzerhand und ohne zu zucken, habe ich dem meine Schaufel über den Kopf gezogen. Meine Frau meinte nur zu mir, dass ich schlechte Manieren habe. Ich glaube beinahe, dass sie auch eine Popovioline ist. Ach, und wo wir gerade so schön dabei sind, wenn ich noch einmal fünf Stunden am Stück Udo Jürgens anhören muss, werde ich sie garantiert umbringen, ich schwöre.

Am 26. Dezember sind wir immer noch eingeschneit. Warum um alles in der Welt sind wir bloß hierhergezogen? Es war alles IHRE Idee. Alter Schwede, geht die mir auf die Nerven.

Einen Tag später, genau gesagt am 27. Dezember ist die Temperatur  auf -30 Grad gefallen und die Wasserrohre sind eingefroren.

Jetzt wird es total verrückt. Am 28. Dezember hat es sich auf -5 Grad erwärmt. Wir sind aber immer noch eingeschneit und meine Alte macht mich im wahrsten Sinne des Wortes verrückt! 

Weitere 30 Zentimeter Schnee fielen dann am 29. Dezember. Mein Nachbar sagt, dass ich das Dach freischaufeln muss, da es sonst ziemlich sicher einstürzen würde. Das ist so ziemlich das Dämlichste, was ich je  in meinem Leben gehört habe. Für wie blöd hält der mich eigentlich?

Dann überschlugen sich die Ereignisse komplett. Am 30. Dezember ist das Dach eingestürzt. Der Fahrer von dem verdammten Schneepflug hat mich auf 50.000 € Schmerzensgeld verklagt. Gott sei Dank ist meine Alte zu ihrer Mutter gefahren. Für den folgenden Tag sind weitere 25 Zentimeter feinster Pulverschnee vorhergesagt.

Mir war das mittlerweile völlig egal, denn ich habe am 31. Dezember morgens beschlossen nie mehr Schaufeln und das Haus einfach angesteckt! Schwupp, das war`s und gut.

Am Neujahrstag, also dem 1. Januar geht es mir ausgesprochen gut. Ich mag die kleinen bunten Pillen, die sie mir dauernd geben. Das einzige, was ich mich jedoch frage, ist, warum  ich an das Bett gefesselt bin? Nun ja, auch egal … frohes neues Jahr und so!

Ich hoffe, dass Ihr alle gut in das Jahr 2022 gekommen seid und dass Ihr alle den Umständen entsprechend halbwegs wohlauf seid.

Egal, was auch immer Ihr Euch für das neue Jahr vorgenommen habt, es möge Euch gelingen.

Persönlich wünsche ich mir nur, dass wir Covid bald so in den Griff bekommen, dass wieder ein normaler Alltag einkehren kann.

Toi toi toi

wünscht Euer „alter“ Mann

Werner Michael Heus

 

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